Smart Home: Übersicht der Systeme am Markt
Was ein Smart Home ist, habe ich ja bereits hier beschrieben. Jetzt gilt es das passende Smart Home System auszuwählen.
Auswahlkriterien
Schaut man sich am Markt um, sprießen immer mehr Systeme aus dem Boden. Um das passende System zu wählen sollte man folgende Punkte beachten:
Flexibilität
Viele Smart Home Systeme decken einzelne Bereiche ab. So kann man z.B. mit Philips Hue sehr komfortabel die Beleuchtung per Smartphone App oder Bewegungsmelder steuern. Andere Systeme können z.B. durch Zwischenstecker einzelne Steckdosen an- oder ausschalten. Ein echtes Smart Home muss aber potentiell in der Lage sein, alle Bereiche im Haus zu automatisieren. Angefangen von der Beleuchtung, über die Heizung und Beschattung, bis hin zu Multimedia- oder Alarmfunktionen. Da es (noch) keinen einheitlichen Standard in der Heimautomatisierung gibt, gilt es zahlreiche unterschiedliche Verbraucher (Aktoren) und Datenquellen (Sensoren) einzubinden, die jeweils eigene Kommunikationsstandards verwenden. So lässt sich die Heizung vielleicht nur per Modbus TCP ansprechen, die Kaffeemaschine hingegen per HTTP. Die Beleuchtung will per DMX gedimmt und ein Temperatursensor soll über den 1-Wire Bus ausgelesen werden. Das Smart Home System der Wahl muss also vor allem eins sein, flexibel.
Zuverlässigkeit (und Datenschutz)
Das Smart Home soll nach Möglichkeit 24h am Tag 365 Tage im Jahr funktionieren, egal ob ein spezieller Dienst gerade erreichbar ist oder nicht. Daher sollte man darauf achten dass sich die zum Betrieb des Smart Homes hinterlegte Logik auf Hardware in den eigenen vier Wänden und nicht in der Cloud/im Internet befindet. So ist man Autark und nicht von der Zuverlässigkeit von einzelnen Anbietern oder deren Fortbestehen in den nächsten Jahren abhängig. Es garantiert natürlich auch niemand bei einem lokalen System dass es den Anbieter noch in 10 Jahren gibt, allerdings funktioniert dann zumindest noch die bestehenden Komponenten weiter. Ebenfalls spielt der Datenschutz eine wichtige Rolle, da man bei Cloud-Anwendungen deutlich einfacher überwacht werden kann.
Verbreitung
Bewährte Systeme, die bereits tausendfach im Einsatz sind, haben meist den Vorteil dass man schnell Hilfe bei Problemen findet. Sei es in Form von vor Ort Partnern, vom Support oder einer Online Community. Je nachdem ob man das Smart Home System komplett selbst installieren will, die Programmierung durchführt oder komplett extern vergibt ist dieser Punkt mehr oder minder wichtig. Weiterhin ist es wahrscheinlich dass man für ein weit verbreitetes System auch in einigen Jahren noch Komponenten erwerben kann und sei es nur gebraucht bei eBay und co.
Bedienbarkeit
Ein tolles Smart Home System bringt einem wenig, wenn man es nur umständlich bedienen kann. Heutzutage bedeutet dies, dass die Steuerung der Funktionen im Smart Home auf verschiedene Arten erfolgen muss. Die meisten Funktionen sollten natürlich automatisch funktionieren (Licht an bei Bewegung, Rollläden bei Sonne oder zu einer gewissen Uhrzeit schließen/öffnen usw.). Dennoch gibt es immer wieder Funktionen die man manuell bedienen muss oder Daten/Statistiken die man auslesen will. Dazu bietet sich der schnelle Zugriff per Smartphone/Tablet oder per Weboberfläche an. Ebenso sollte die Konfiguration des Smart Homes einfach aber dennoch flexibel sein. Mann will dazu nicht jedes Mal einen Elektriker beauftragen.
Verfügbare Systeme
Filtert man den Markt nach diesen Kriterien, schrumpft die Auswahl potentieller Systeme auf eine Hand voll zusammen. Folgende Systeme habe ich gefunden und verglichen:
- KNX
- Homematic
- Comexio
- Loxone
Im Folgenden gehe ich auf die einzelnen Systeme genauer ein:
KNX
Der Klassiker bei der Heimautomatisierung ist KNX. Seit fast zwei Jahrzehnten gibt es nun das Bussystem am Markt und ist millionenfach im Einsatz. Über 400 Hersteller bieten Komponenten für den offenen Standard an. Bei KNX wird die Logik von der Stromversorgung getrennt. Es werden also alle Stromführenden Leitungen im Stern verlegt, zusätzlich werden für Taster und sonstige Sensoren Leitungen (der KNX Bus) verlegt. Jeder Taster kann einzelne Verbraucher ansteuern (dezentral), eine zentrale Logik (alle Verbraucher aus, wenn x dann y) ist mit der klassischen KNX-Lösung nicht oder nur schwer umsetzbar. Allerdings gibt es mit Komponenten wie z.B. dem Gira HomeServer oder Wiregate die Möglichkeit die Logik zu zentralisieren und mit dem Netzwerk zu verbinden. So sind auch die Einbindung von Kameras, Türsprechanlagen oder Audiosystemen möglich. Die Kosten für die Verkabelung und die Komponenten sind im Vergleich relativ hoch.
Homematic
Bei Homematic handelt es sich um Produkte der Firma eQ3, die unter anderem vom Elektronik-Versender ELV vertrieben werden. Den Ursprung fand Homematic in Funk-basierten Lösungen (Sensoren/Aktoren) die hauptsächlich batteriebetrieben waren. Mittlerweile gibt es mit Homematic-IP aber auch eine Kabel gebunden Lösungen auf dem IPv6 Standard. Die Logik wird über die zentrale Einheit CCU(2) gesteuert. Es gibt vom Hersteller eQ3 zahlreiche Aktoren und Sensoren für viele Bereiche, die Schnittstellen zu anderen Systemen (KNX, Modbus usw.) sehen aber eher schlecht aus. Homematic ist eines der kostengünstigsten Systeme am Markt.
Comexio
Comexio ist ein System das eine zentrale Steuereinheit, den Comexio IO-Server, besitzt. In diesem IO-Server wird die komplette Logik abgebildet. Analoge, digitale oder 230V Sensoren und Aktoren werden entweder direkt an den IO-Server oder an Erweiterungen angeschlossen. Weiterhin können 1-Wire, KNX und über weitere Extensions auch Dimmer (Dali) oder EnOcean Geräte eingebunden werden. Neben einer Weboberfläche gibt es auch Apps für Android und iOS.
Loxone
Loxone hat sich in den letzten Jahren zu einem der führenden Smart Home Anbieter etabliert. Ähnlich wie bei Comexio, basiert Loxone auf einer zentralen Steuereinheit, dem Miniserver. Dieser beinhaltet im Standard digitale und analoge Ein-/Ausgänge sowie 230V Relais und eine KNX-Schnittstelle. Über Erweiterungsmodule können weitere Ein-/Ausgänge oder zahlreiche Funktionen wie z.B. DMX, Loxone Tree (KNX-Konkurrent), Loxone Air (Loxone-Funk Standard), 1-Wire, EnOcean, Modbus, RS232/485,… nachgerüstet werden. Somit können neben klassischer Hardware (Taster, Steckdose, Lampen usw.) auch spezielle Sensoren und Aktoren von Loxone oder anderen Anbietern eingebunden werden. Durch den Einsatz von Funktechnologien ist die Verwendung sowohl im Neubau wie auch für Nachrüster möglich. Die Software zur Konfiguration der Logik des Miniservers, die Loxone-Config, ist ausgereift und enthält bereits zahlreiche Logikbausteine die einem viel Arbeit abnehmen. Die Apps für Smartphones/Tablets (Androis/iOS) sind im Vergleich zur Konkurrenz um einiges voraus. Neben den bereits genannten Komponenten, bietet Loxone zusätzliche Hardware (Taster, Bewegungsmlder, Relais, Wetterstationen usw.) sowohl für die eigenen Technologien (Tree/Air), klassische Sensoren (1-Wire, Analoge/digitale-Sensoren) wie auch Ergänzungen im Bereich Multimedia (Loxone Music Server) oder Türsprechanlagen an.
Wir haben uns für Loxone entschieden, da man sich hier aus allen Welten die optimale Konfiguration zusammen stellen kann. Man kann selbst entscheiden ob man bei der Bustechnologie auf KNX, Tree, Sternverkabelung oder Funk setzt. Es gibt zahlreiche Schnittstellen zu den verschiedensten Systemen und schicke Apps, dies erhöht den WAF deutlich. Die Konfigurationssoftware ist ausgreift und bietet bereits zahlreiche komplexe Logikbausteine, die einem die Arbeit erleichtern. Nicht zuletzt ist die Dokumentation sehr umfangreich und es gibt eine sehr große und hilfsbereite Community im Forum, im Wiki und auf Facebook. Der Preis für den Miniserver selbst ist mit ~500€ relativ günstig, dennoch muss man beachten dass die Komplettausstattung des Hauses schnell teuer werden kann.
7:21
Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Es ist schon interessant welche BUS-Technik es so auf dem Markt gibt. Ich setze daheim noch auf Ethernet, WLan und DECT , aber wenn ich einmal ein Haus hauen würde, dann würde ich mich vermutlich auch etwas mehr als den Rapsi einsetzen.